Sonntag, 19 Februar 2012 [Woche 19]
by XShipper
Verona in Love

ich bin so froh, dass Robert und ich uns wieder zusammengerauft haben. Länger hätte ich dieses bloße nebeneinander her leben nicht ertragen. Auch die Stille zwischen uns war ja kaum mehr auszuhalten. Daher waren die letzten Nächte wie der Himmel auf Erden. Wir liebten uns und lagen oft noch lange wach, sprachen über die Dinge, die passiert waren, und über unsere Gefühle, die zum Glück keinen Dämpfer dadurch erfahren hatten.

Eng umschlungen, ganz nah beisammen. Beiderseits spüren und den Atem fühlen, die Hitze genießen, zusammen einfach alles vergessen, gemeinsam den Höhepunkt erreichen und dann Seite an Seite fallen lassen. Ihn, meinen Robert, hatte ich so vermisst. Es macht eben einen Unterschied, ob man im gleichen Bett schläft, aber ein unüberwindbarer Graben in der Mitte klafft und einem die Eiseskälte jede Wärme raubt, oder man zusammen unter einer Decke ein loderndes Feuer anheizt und jeder noch so kleine Millimeter Zwischenraum verpufft.

Entschuldige, liebes Tagebuch, aber bei mir und Robert ging es heiß her. Habe ich dir schon erzählt, dass mich das sehr froh macht? Es fehlt wirklich nicht viel, damit die Welt perfekt erscheint. Jetzt muss nur noch die schwarze Witwe aus meinen Träumen verschwinden und Valentina endlich wieder gesund werden.

Die Ärmste hat es ja ziemlich früh erwischt, meinte der Kinderarzt. Gut, dass ich gleich nach Auftreten der ersten Symptome mit ihr im Krankenhaus war. Aber sie hat zum Glück nur eine leichte Form der Erkrankung. Sie verträgt die medikamentöse Therapie und ihr Fieber ist rückläufig. Nur die Schluckbeschwerden machen ihr noch zu schaffen sowie die Tatsache, dass vor allem ihr Vater den näheren Kontakt zu ihr in Grenzen hält, um eine Weitergabe der Infektion an seine Gäste im Restaurant zu vermeiden. Für die nächsten Wochen ist auch meine Chance auf eine Stelle als Kindererzieherin passé. Aber wichtiger ist die Gesundheit unserer Kleinen. Die Angst vor Komplikationen und Nach-Erkrankungen bleibt vorerst.

Heute jedoch saß er mit am Mittagstisch und schaute dabei zu, wie ich Valentina fütterte, damit sie überhaupt was zu sich nimmt. Ich gab ihr Löffelchen um Löffelchen warmen Grießbrei mit Apfelmus. Während ich dem Spatz also das Essen hinreichte, sah ich Robert aus den Augenwinkeln… und plötzlich musste ich so lachen, dass Valentina vergebens ihren Kopf nach dem Löffel streckte. Er sah aus wie ein Fischmaul, blubb blubb, Mund auf, Mund zu, Mund auf – so als würde er selbst gefüttert werden. So etwas passiert ganz automatisch, dafür konnte er ja nichts. Aber ihn so zu sehen, trieb mir Tränen in die Augen. Und letztlich saßen wir zu dritt am Tisch und lachten.

So hatten wir unseren eigenen Spaß zuhause, auch ohne bunter Kostüme, phantasievollen Masken („Bauta“ genannt) und lustigem Fasching dieser Tage. Vielleicht fahren wir ja nächstes Jahr nach Venedig und erleben dort live den berühmten „Carnevale di Venezia“ – eine der schönsten Karnevalsveranstaltungen weltweit. Robert meinte schon, das wäre dann ein ideales Geschenk zum Valentinstag. Ok, aber nur mit einem passenden, historischen Kostüm!

Passend zu unserer Versöhnung wurde hier der „San Valentino“ gefeiert, ganz getreu dem Motto „Verona in Love“. Unser Ristorante war sogar Teil der Romantik-Strecke für Verliebte, wo ein besonderes Candlelight-Dinner „due cuori a tavola – Zwei Herzen zu Tisch“ angeboten wurde. Der letzte, noch freie davon war reserviert gewesen… für uns!

Ich weiß von Jacob, dass er an dem Tag Debbie an die Hand nahm und mit ihr durch die historischen Gassen der Altstadt bis zur berühmten Piazza dei Signori schlenderte. Dort war des feierlichen Anlasses wegen eine mit rotem Teppich ausgelegte Herzform. Von oben aus gesehen also ein riesiges Herz. Im Umkreis dieses „Simbolo di Amore“ waren zudem zahlreiche Stände mit allerlei regionalen und typischen Gastronomie-Spezialitäten sowie vielen ausgesuchten, mit Liebe angefertigten Produkten des veronesischen Kunsthandwerks, von denen Debbie einfach nicht genug kriegen konnte.




Die Glücklichen hatten sogar zuvor auch am „Un Cuore di Baci“ teilgenommen, einem einmütigen Massenkuss am Palazzo Barbieri. Wenn Robert und ich uns zu der Zeit da nicht noch in der Wolle gehabt hätten, wäre das genau unser Ding gewesen. Aber das romantische Essen bei Kerzenschein mit einem köstlichen „Risotto all’ Amarone“ war auch wunderschön gewesen. Anschließend wurde Robert als Chefkoch vor aller Gäste Augen ganz zeremoniell von seinem Küchenpersonal entlassen, um den Abend der Liebe noch etwas genießen zu können. So sind mein Mann und ich mit tosendem Applaus hinaus und hatten zum Abschluss noch einen romantischen Spaziergang entlang der Piazza Bra – über uns ein purpurnes Lichtermeer aus leuchten Herzlaternen.



Tja, das war die Woche der Leidenschaft. Mal schauen, wie wir diese als Familie nun ausklingen lassen, bis bald…

Deine